Löschmittel in Löschanlagen

Da bei Löschanlagen ein enger Funktionsverbund zwischen Löschmittel und der technischen Einrichtung zu dessen Ausbringung vorliegt, der zudem im Einsatzfall automatisch, d.h. ohne menschlichen Kontrolleinfluss, auslösen kann, ist der sichere Ausschluss einer nachteiligen Beeinträchtigung von Löschanlagen durch das darin enthaltene Löschmittel besonders wichtig.

 

Chemische Interaktionen mit Löschanlagen

Damit sind Reaktionen zwischen Löschmittel und Werkstoffen der Löschanlage gemeint, d.h. Wechselwirkungen, die zur chemischen Veränderung mindestens eines der beteiligten Stoffe führen, was meist als Beschädigung eines der beiden oder beider wahrgenommen wird und zum totalen Funktionsausfall führen kann. Die wesentlichen Arten der chemischen Interaktion sind:

  • Elektrokorrosion

    Hervorgerufen durch die elektrisch leitenden Verbindungen verschiedener Anlagenteile (Metalle) unter Bildung eines sogenannten Lokalelementes (ähnlich einer Batterie), welches über das Löschmittel quasi kurzgeschlossen wird und zu einer beschleunigten Korrosion von Metallteilen führt.

    Elektrokorrosion erfordert eine elektrisch leitende Verbindung über das Löschmittel, welche typischerweise in Verbindung mit Feuchtigkeit auftritt. Löschpulver, Gase und Halone, die eigentlich extrem geringe Feuchten haben, führen in aller Regel nicht zu Elektrokorrosion.

    Elektrokorrosion lässt sich nur baulicherseits verhindern, indem man durch geeignete Materialkombination bzw. elektrische Entkoppelung die Ausbildung von Lokalelementen verhindert (Hinweis: Verbau von Kunststoffrohren funktioniert hier nur, wenn diese nicht dauerhaft medienführend sind).

  • Chemische Korrosion

    Im Gegensatz zur Elektrochemischen Korrosion erfordert die chemische Reaktion keine leitende Verbindung verschiedener Anlagenteile über das Löschmittel, sondern ist eine direkte Reaktion des Löschmittels mit Materialien der Anlage. Diese Art der Korrosion findet sich weit überwiegend bei wässrigen Löschmitteln (Wasser, Wasser mit Zusätzen, Schaum-, bzw. wässrige Sonderlöschmittel), aber auch bei bestimmten Gasen (z.B. CO2) bzw. Löschpulvern in Verbindung mit Feuchtigkeit.

    Dazu gehört z.B. Lochfraß bei Edelstählen ausgelöst durch chloridhaltige Flüssiglöschmittel, Korrosion unedler Metalle durch Auflösung (Eisenmetalle, Messing, Aluminium), bzw. Entzinkung von Stahlwerkstoffen.

    Chemische Korrosion ist nur durch Vermeidung diesbezüglich empfindlicher Baumaterialien vermeidbar.

 

Physikalische Interaktionen

Physikalische Interaktionen sind Wechselwirkungen zwischen Baustoffen der Anlage und dem Löschmittel, die keine chemische Veränderung der beteiligten Stoffe zur Folge haben. Dazu gehören beispielsweise:

  • das Herauslösen von Stoffen (z.B. Weichmachern) aus Elastomeren mit der Folge der Versprödung oder Schrumpfung von z.B. Dichtungen; Undichtigkeiten können ausgelöst werden

  • das Eindringen von Löschmitteln oder Bestandteilen desselben in Kunststoffe oder Beschichtungsstoffe mit der Folge der Quellung, bzw. Ablösung, was ebenfalls zu Undichtigkeiten, bzw. zu Korrosion beschichteter Baustoffe führen kann

  • das Eindringen in Mikroporen aufgrund stark reduzierter Oberflächenspannung (So können Schaummittel in Poren eindringen, in die Wasser aufgrund seiner hohen Oberflächenspannung nicht eindringen würde. Das kann z.B. zur Hinterwanderung von Beschichtungen führen in deren Folge sich die Beschichtung vom Bauteil lösen und dieses korrodieren kann.)

Naturgemäß kommen derartige Interaktionen nahezu ausschließlich bei Löschanlagen mit wässrigen Löschmitteln und möglicherweise in geringerem Umfang bei Halonersatzanlagen vor. Auch hier gilt: eine Vermeidung ist nur durch Auswahl geeigneter Werkstoffe möglich.

Hydraulische Interaktionen zwischen Löschmitteln und Anlage

Eine Sondergruppe der Wechselwirkungen sind solche, die das Fließverhalten von Flüssigkeiten betreffen: Flüssige Löschmittel können teilweise hohe und temperaturabhängig wechselnde Viskositäten (= Fließwiderstand einer Flüssigkeit) aufweisen, die dann weitere notwendige Arbeitsschritte der Anlagenfunktion wie pumpen, zumischen, bzw. durch Leitungen fördern u.U. gravierend beeinflussen.

Eine Flüssigkeit fließt grundsätzlich umso schlechter, je höher ihre Viskosität ist. Dies gilt auch für Schaummittel, wobei hier besonders zwei Arten des Fließverhaltens eine Rolle spielen:

  • Newtonisches Fließverhalten: das Fließverhalten hängt im Wesentlichen nur von der Flüssigkeit selber (deren Viskosität) und der Temperatur ab. Die Scherung in der Flüssigkeit (z.B. beim Durchströmen einer Rohrleitung fließt die Mitte der Flüssigkeit am schnellsten, die an der Rohrwandung am langsamsten, das Geschwindigkeitsgefälle dazwischen wird als Scherung bezeichnet) hat keinen Einfluss. Newtonische Flüssigkeiten sind z.B. Wasser, Benzin, Diesel, Honig, …

  • Nicht-newtonisches Fließverhalten: hier kommt neben der Flüssigkeit selbst auch noch die Scherung ins Spiel – so ist die Viskosität bei hohen Scherraten niedriger, als bei geringen Scherraten. Will sagen: je schneller die Flüssigkeit fließt, desto „dünnflüssiger“ wird sie. Beispiele für nicht-newtonische Flüssigkeiten sind Ketchup oder Joghurt.

Rohrleitungsdimensionen und -längen, Pumpen und Zumisch-/Dosiereinrichtungen müssen auf die Viskosität und das Fließverhalten eines Löschmittels abgestimmt sein, sonst kommt es zwangsläufig zu Fehlfunktionen bis hin zum Totalausfall der Anlage. Besonders bei einem Wechsel des Löschmittels in einer bestehenden Anlage sollte unbedingt auf eine mögliche Veränderung der Viskosität geachtet werden (z.B. beim Umstellen auf alkoholbeständige Schaumlöschmittel), bzw. darauf, dass die Viskosität des neuen Schaummittels kein Problem darstellt.

 

Wasserlöschanlage

Schaumlöschanlage

Gaslöschanlage

Vermeidung von Fehlfunktionen

Fehlfunktionen von Löschanlagen in Folge einer Wechselwirkung mit den enthaltenen Löschmitteln können weitgehend durch folgende einfache Regeln vermieden werden:

  1. Löschmittel auf das Brandgut/-risiko abstimmen und gegebenenfalls einen Wirkungsnachweis erstellen

  2. Auswahl der Baustoffe und funktionalen Einheiten (Pumpen, Ventile, Rohrleitungen etc.) einer Löschanlage auf das Löschmittel abstimmen und ggf. eine spätere Änderung des Löschmittels im Blick behalten

  3. Bildung von Lokalelementen und anderen Korrosionsfördernden Materialkombinationen vermeiden

  4. Regelmäßige Kontrollen des Löschmittels sollen gemäß den Vorgaben der jeweils zutreffenden Normen durchgeführt werden (z.B. bei Schaummitteln jährlich)