Interview mit Ulrich Jander, Brandrisikomanager und Hotelsicherheitsexperte

Wie sieht es in deutschen Hotels in Sachen Brandschutz aus?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Man muss unterscheiden, ob ein Hotel nur den absolut notwendigen Brandschutz einhält wie zum Beispiel vorgeschriebene bauliche Aspekte. Oder aber mehr getan wird, besonders in Bezug auf organisatorische und anlagentechnische Maßnahmen. Darüber hinaus spielt der Standort des Hotels beim Brandschutz eine Rolle: Gerade in Großstädten mit einer Berufsfeuerwehr kann dieser besser umgesetzt werden als auf dem „flachen Land“. Dort ist das Problem, dass Aufgaben wie die Brandverhütungsschau kaum erledigt werden können, da das entsprechend ausgebildete Personal fehlt. 

 

Was muss aus Ihrer Sicht dringend in Hotels verbessert werden?

In vielen Bereichen des anlagentechnischen Brandschutzes besteht noch Verbesserungsbedarf. Aber auch beim organisatorischen Brandschutz gibt es einiges zu tun. Das trifft vor allem auf die notwendigen Räumungsübungen für das Personal und die Gäste zu, aber auch auf die Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr. Gerade bei diesen Übungen erkennen wir immer wieder gravierende Probleme. So wurden in einem Hotel Behindertenzimmer im 8. Stock eingerichtet. Hier gab es keine Anleitermöglichkeiten für die Feuerwehr und auch keinen Feuerwehrfahrstuhl. Die behinderte Person hätte im Brandfall heruntergetragen werden müssen. Zur Beseitigung dieser Schwachstellen wurden wir vor einiger Zeit gebeten, die zehn auffälligsten Mängel bei Räumungsübungen aufzulisten – inzwischen sind wir bei weit über hundert. Darüber haben wir einen kleinen Schulungsfilm gemacht.

Was sind die wichtigsten Punkte, die ein Hotelier beachten muss?

Er muss sich folgende Fragen stellen: Sind die brandschutztechnischen Einrichtungen, also zum Beispiel Brandmelder und Sprinkler, vorhanden? Sind die verantwortlichen Mitarbeiter mit Feuerlöschern, Rauchwärmeabzügen und Rauchmeldern vertraut? Sind Anfahrtswege für die Feuerwehr zugänglich? Gibt es Anleitermöglichkeiten und sind Hydranten bekannt? Wie sich die Mitarbeiter verhalten und was im jeweiligen Hotel verbessert werden muss, erfährt man am besten bei Räumungsübungen unter realistischen Bedingungen. Dazu wird ein Brand simuliert und nur die Verantwortlichen wissen, dass es eine Übung ist. Auch die Feuerwehr muss mit einbezogen werden, um die Nutzung von Laufkarten und das Auffinden des Brandherdes zu üben. Denn die Einsatzkräfte können nur optimal helfen, wenn sie sich am und im Objekt auskennen.

Reichen die vorhandenen Verordnungen für Brandschutzmaßnahmen zum Beispiel in der Bauordnung oder im Arbeitsschutzgesetz wirklich aus? Diese richten sich ja nicht speziell nur an Hotels …

Mit den gültigen Vorschriften sind wir zwar ganz gut aufgestellt. Aber die verantwortlichen Personen wie Direktoren oder technische Leiter müssen diese auch einhalten und ihre Mitarbeiter bei der Umsetzung unterstützen. Darüber hinaus empfehlen wir, eine Brandschutzakte zu führen, in der die Wartungsunterlagen abgelegt werden. Damit sehen Kontrollinstanzen wie Feuerwehr (VB), Gewerbeaufsicht oder Berufsgenossenschaft auf einen Blick den aktuellen Status. Hier stellen wir übrigens häufig fest, dass angeblich durchgeführte und abgerechnete Wartungen nie stattgefunden haben.

Wie gehen die Hotelbesitzer mit dem Thema Brandschutz um?

Leider kommt von den Verantwortlichen oft der Hinweis auf den Bestandsschutz oder die Aussage „Wir machen erst etwas, wenn die Behörde eine Verfügung erteilt“. Wenn die Gesetze, die es ja bereits gibt, nicht umgesetzt werden, sollten meines Erachtens häufiger höhere Bußgelder verhängt werden. Denn nur wenn die verantwortlichen Personen zur Kasse gebeten werden, ist der notwendige Brandschutz gewährleistet. Mit den derzeitigen Rahmenbedingungen wird es ansonsten immer wieder gelingen, die Anforderungen zu umgehen.