Noch mehr erfahren? Hier kommen Experten zum Wort...

Im Rahmen unserer Recherchearbeiten zum Schwerpunktthema „Brandschutz in Krankenhäusern“ haben wir viele Interviews geführt und mit Experten aus ganz unterschiedlichen Bereichen gesprochen. Die wichtigsten Meinungen und Stellungnahmen haben wir hier für Sie zusammengestellt.

 

Leander Metzger, ehemals Direktor Affiliated FM Deutschland, ein Unternehmen der FM Global Gruppe

Feuer gilt laut FM-Schadensstatistik als größte Gefahr im Krankenhaus: Etwa 34 Prozent aller Schäden werden durch Brände verursacht. Erfahren Sie hier, wie Leander Metzger das Risiko einschätzt und was seiner Meinung nach gegen die Brandgefahr im Krankenhaus getan werden sollte.

Leander Metzger

Wie beurteilen Sie das Risiko eines Brandes im Krankenhaus und mit welchen Folgen ist zu rechnen?

Aufgrund der enormen Gefährdung für die Gesundheit und das Leben der Patienten und Mitarbeiter eines Krankenhauses sowie der hohen Schadenerwartung im Brandfall gilt Feuer als die größte Gefahr im Krankenhaus. Nach FM-Schadenstatistik werden etwa 34% aller Schäden durch Brände verursacht. Die Auslöser eines Brandes sind vielfältig und reichen von elektrischen Defekten über Brandstiftung bis hin zu nicht fachgerecht durchgeführten Heißarbeiten. Brennt es erst einmal, sind Leib und Leben der meist nur eingeschränkt mobilen Patienten in Gefahr.

Kommt es zu Verletzungen von Patienten oder gar Todesfällen, was leider mehrfach jährlich in deutschen Krankenhäusern der Fall ist, ist zudem die Reputation der Einrichtung in Gefahr. Darüber hinaus ist aufgrund der Konzentration von hochwertigen und teuren medizinischen Gerätschaften sowie der raschen Verbreitung korrosiver Rauchgase mit sehr hohen Sachschäden zu rechnen. Eine weitere Folge ist ein Betriebsausfall von vielen Monaten bis hin zu Jahren. Die daraus folgende Abwanderung potentieller Patienten und hochqualifizierter Mitarbeiter (Fachpersonal) kann oft auf lange Zeit nicht kompensiert werden und zu schmerzhaften finanziellen Verlusten, signifikanten Einschnitten im Budget und letztendlich zur Schließung der Einrichtung führen.

Welche Brandschutz-Standards finden Sie in der Praxis vor, wo sehen Sie Verbesserungsbedarf und welche Elemente sind in einem Brandschutzkonzept für einen modernen Krankenhausneubau unverzichtbar?

Es gibt derzeit keine einheitlichen bundesweiten Regelungen für den Brandschutz in Krankenhäusern. Die Festlegung der Mindestanforderungen an den Brandschutz erfolgt meist auf Länderebene. Leider werden Brandschutzkonzepte aus Kostengründen meist nur zur Erfüllung dieser Mindeststandards ausgelegt. Eine risikooptimierte Brandschutzlösung auf dem heutigen Stand der Technik wird, trotz der zumindest bei einem Neubau recht übersichtlichen Mehrkosten, noch zu selten in Erwägung gezogen.


In Deutschland spielt der bauliche Brandschutz mit festgelegten und feuerbeständigen Brandabschnitten traditionell eine zentrale Rolle bei der Brandbekämpfung. Im Brandfall soll das Feuer auf einen bestimmten Bereich eingedämmt werden und die Feuerwehr den Feuerübergriff auf andere Gebäudeteile verhindern. Die Installation von Brandmeldeanlagen mit Branddetektoren und direkter Verbindung zur Feuerwehr gehört in den meisten Krankenhäusern inzwischen ebenfalls zum Standard. Dass allein die Einhaltung von Brandschutzbestimmungen nach Baurecht keinen umfassenden Schutz bietet, erleben unsere Ingenieure fast täglich. Denn innerhalb der einzelnen Brandabschnitte finden sie immer wieder entflammbare Konstruktionen wie brennbare Dachisolierungen, Zwischendecken oder Wandverkleidungen aus Holz. Des Weiteren finden sie oft blockierte Brandschutztüren und signifikante brennbare Lasten (wie zum Beispiel Betten) in ungeeigneten Bereichen vor.


Die Installation von automatischen Brandlöschanlagen, vorrangig automatischen Sprinklern, zählt zu den klassischerweise empfohlenen Brandschutzvorkehrungen. Neben der schnellen Detektion im Brandfall bieten Sprinkleranlagen den Vorteil, dass der Brand direkt in der Entstehungsphase und am Entstehungsort kontrolliert wird. Die Ausbreitung des Feuers wird dadurch sofort verhindert und der Feuer- und Rauchschaden begrenzt. Die Begrenzung der Rauchschäden ist von großer Bedeutung, da vom Rauch eine große Gefährdung der Patienten ausgeht.

Außerdem ist bereits bei einfachen Zimmerbränden, bei welchen der thermische Schaden durch das Feuer überschaubar ist, der Rauchschaden um den Faktor 5 bis 8 höher. Der Rauchschaden wird auch durch oftmals veraltete, defekte oder unsachgemäß verwendete Rauchschutzvorrichtungen enorm vergrößert. Beispiele dafür sind die Auslösung der Rauchabzugsanlage durch Schmelzlote statt durch photooptische Geräte, nicht sachgerecht verschlossene Wanddurchbrüche oder unterkeilte Rauchschutztüren.


Kein Grund gegen den Einsatz von Sprinklern ist die Angst vor einem Wasserschaden. Sprinkleranlagen erkennen automatisch ein entstehendes Feuer. Durch die Hitze des Feuers platzen die Glasampullen der nächstgelegenen Sprinkler. Ein Wasserschirm, der von dem Sprühteller fein verteilt wird, ergießt sich über den Brandherd. So wird nur dort gelöscht, wo es tatsächlich brennt. Die freigesetzte Wassermenge durch eine Auslösung der Sprinkler ist im Vergleich zu den Wasserschäden infolge von Löschmaßnahmen der Feuerwehr sehr gering. So wird die Mehrzahl aller Krankenhausbrände mit ein bis vier auslösenden Sprinklerköpfen erfolgreich gelöscht. Entstehende Brände sind zumeist auf eine Fläche von weniger als 40 m² begrenzt.


Neben den klassischen Sprinkleranlagen sind für Bereiche mit speziellen Anforderungen Sonderlösungen nötig. So soll zum Beispiel IT-Technik in Serverräume mit geeigneten Gaslöschanlagen oder Fritteusen in Küchen mit speziellen Löschmitteln geschützt werden. Eine vollflächige Installation von Sprinklern in einem bestehenden Krankenhaus ist sehr aufwendig. In Bereichen mit besonders hoher Brandlast und Wertkonzentration ist sie dennoch mehr als geboten. Zu diesen Bereichen zählen neben den mit hochwertigem Equipment ausgestatteten Diagnosestationen das Bettenlager, in dem sich u. a. geschäumte Kunststoffmatratzen befinden, das Zentrallager, Archive und die Wäscherei. Stehen Sanierungsmaßnahmen oder Neubauten an, sollte eine Sprinklerinstallation in jedem Fall geprüft werden.


In modernen Krankenhaus-Neubauten darf eine Sprinkleranlage keinesfalls fehlen. Im Rahmen einer rein auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Prüfung darf nicht vergessen werden, Ersparnisse durch den Einbau automatischer Brandschutztechnik gegenzurechnen. Dies können zum Beispiel geringere Baukosten durch die Vergrößerung von Brandabschnitten, durch die Optimierung der Entrauchungsanlage sowie durch die Reduzierung der Wandhydranten und Rauchschutztüren sein. Insgesamt sind die Mehrkosten für die Installation von automatischem Brandschutz in Neubauten übersichtlich und nach angemessener Würdigung der immensen Vorteile absolut vertretbar.


Dass die relativ überschaubaren Mehrkosten für die Installation von automatischem Brandschutz in Neubauten sich in vielerlei Hinsicht rechnen, zeigt die vermehrte Berücksichtigung solcher Anlagen bei der Errichtung von neuen Kranken- und Pflegeeinrichtungen. Viele Klinikbetreiber haben erkannt, dass ein einziger Großschaden, nicht nur in finanzieller Hinsicht, zu einer existentiellen Bedrohung für die gesamte Einrichtung werden kann. 

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Kathrin Stolzenburg, Referat II.4 Gefährdungskataster, Schutzkonzepte Kritische Infrastrukturen, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)

Kathrin Stolzenburg

Die Bedeutung von Risikoanalysen für Krankenhäuser thematisiert Kathrin Stolzenburg. Denn so kann auch die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen wirkungsvoll dokumentiert werden.

Risikoanalysen im Krankenhaus

 In Krankenhäusern werden viele Menschen stationär versorgt. Entsprechend gibt es hier eine hohe Anzahl an hilfsbedürftigen Patienten, die sich im Falle eines Ereignisses wie eines Brandes nicht selbst evakuieren oder anderweitig helfen könnten. Der vorbeugende bauliche Brandschutz und auch die Maßnahmenplanung für den Ereignisfall unterliegen deshalb besonderen Anforderungen, die sich beispielsweise in den Krankenhausbauverordnungen der Länder oder der Krankenhausalarmplanung wiederfinden.

Über den Fall eines Brandes hinaus gibt es weitere Ereignisse, die den Krankenhausablauf und sogar Leben und Gesundheit von Patienten beeinträchtigen könnten. Beispielsweise könnte der Ausfall der externen Wasserversorgung zu einer Evakuierung führen. Auch andere Infrastrukturen können versagen, die IT manipuliert werden. Was passiert, wenn das „KIS“ falsche Patienteninformationen herausgibt? Durch eine strukturierte Analyse kann das „Bauchgefühl“ gestützt, vielleicht auch widerlegt werden. Es können die eigenen Abhängigkeiten identifiziert und die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen dokumentiert werden. Auch wenn sie nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, ist heute die Bedeutsamkeit von Risikoanalysen für Krankenhäuser allgemein anerkannt. Methoden liegen vor, eine flächendeckende Anwendung wäre ein Gewinn für den Bevölkerungsschutz.

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Lothar Leichner, Brandschutzbauftragter am Klinikum Hanau

Lothar Leichner

Wie die Investitionen in Brandschutzmaßnahmen die Sicherheit im Klinikum Hanau verbessert haben, zeigt Lothar Leichner auf. So wird z. B. das 2012 neu in Betrieb genommene Gebäude komplett mit einer Sprinkleranlage geschützt – neben der obligatorischen Überwachung durch flächendeckende Brandmelder.

 Was sind die besonderen Herausforderungen an den Brandschutz in Krankenhäusern?

 Brandschutz in einem Krankenhaus ist jeden Tag mit neuen Problemen und neuen Herausforderungen zu sehen. Es gilt, neben dem Schutz der Gebäude vor allem den Schutz der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter sowie der Patienten und Besucher zu sichern bzw. zu erhalten. Aber auch die allgemeinen medizinischen Einrichtungen gilt es zu schützen.

Brandschutz im Krankenhaus heißt aber auch, mit allen beteiligten Personen immer wieder den Dialog zu suchen. Man muss kontinuierlich erklären, aus welchem Grund und zu welchem Zweck eine Brandschutzmaßnahme notwendig ist oder eine Anordnung vorgenommen wird. Das Unterhalten der Gebäude mit dem Ziel, den Brandschutz noch zu verbessern und damit diese auch sicherer in einem Brandfall zu machen, bedeutet eine hohe Herausforderung für alle Beteiligten. Nicht immer werden solche Baumaßnahmen als notwendige und sinnvolle Maßnahmen wahrgenommen. Dabei dienen all die Brandschutzmaßnahmen der Sicherheit aller, die sich im Krankenhaus aufhalten. Ein abgeschlossener Industriebetrieb kann in einem Brandfall sofort sagen, wie viele Personen sich auf dem Gelände aufhalten. Das ist in einem Krankenhaus nicht möglich oder nur sehr schwer möglich, allein schon durch die nicht registrierten Besucher, Lieferanten etc. Hier ist im Brandfall von allen ein umsichtiges Handeln erforderlich, damit alle im Gebäude bzw. in der Station befindlichen Personen schnell und sicher gerettet bzw. aus dem Gebäude geführt werden. Die Rettung von Menschenleben und die Alarmierung der Feuerwehr stehen an erster Stelle bei einem Brand.

 Wie schätzen Sie die aktuelle Brandschutzsituation in Ihrem Krankenhaus ein? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

 Die aktuelle Brandschutzsituation im Klinikum Hanau ist sehr positiv, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es keinen hundertprozentigen Schutz gibt. In den letzten Jahren hat die Geschäftsleitung sehr viel Geld in die laufenden Brandschutzsanierungen und Brandschutzverbesserungen investiert und somit die Sicherheit im Klinikum Hanau verbessert. Der Ausbau der Brandmeldeanlage mit dem Ziel, eine komplette flächendeckende Überwachung mit Brandmeldern in allen Bereichen zu sichern, ist zurzeit in Arbeit. Bei dem im Jahr 2012 neu in Betrieb genommenen Gebäude wurde in Sachen Brandschutz viel investiert. Unter anderem wird das Gebäude komplett mit einer Sprinkleranlage geschützt, neben der obligatorischen Überwachung durch flächendeckende Brandmelder. Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine Verhaltensänderung zum Thema Brandschutz zu erkennen, die jährlichen Brandschutzunterweisungen werden nicht nur als „Pflichtfortbildung“ gesehen, sondern eher als Informationsveranstaltung. Das beweisen auch die Fragen der Teilnehmer, die gestellt werden. Aber auch im täglichen Geschäft eines Krankenhauses wird das Thema Brandschutz sehr beachtet. Auch Fremdfirmen stehen dem Thema Brandschutz heute sehr positiv entgegen, wenn es auch immer mal wieder mit Einzelnen kleine Probleme gibt. Bei einer größeren Übung im Jahr 2009 konnten alle Beteiligten sehr gute Erfahrungen hinsichtlich der Frage machen, was es heißt, wenn es zu einem Brand in einem Krankenhaus kommt und Stationen geräumt werden müssen. Die Erkenntnisse aus der Übung fließen heute noch in den täglichen Ablauf sowie in die Brandschutzunterweisungen ein. Das Personal weiß, wie es einen Brand verhindern kann und wie es sich in einem Brandfall verhalten muss. Auch im Klinikum Hanau gab es in den letzten Jahren einige kleine Brände, die aber alle vor dem Eintreffen der Feuerwehr durch das anwesende Personal gelöscht werden konnten. Des Weiteren waren dabei keine Personenschäden zu beklagen. Das ist sicherlich die beste Bestätigung, dass der Brandschutz im Klinikum Hanau sehr gut aufgestellt ist.

 Welche Maßnahmen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen, halten Sie für wünschenswert, welche für finanzierbar?

 Die gesetzlichen Mindestanforderungen, die heute an ein modernes und zukunftssicheres Krankenhaus gestellt werden, sind schon sehr hoch. Dennoch gibt es einiges, was ich aus Sicht des Brandschutzes begrüßen würde: Die Kennzeichnung von Flucht- und Rettungswegen mit Piktogrammen im Fußboden, ähnlich wie bei Flugzeugen, wäre sicherlich sehr sinnvoll. Ebenso wie die dynamische Fluchtwegsteuerung im Brandfall. Allerdings sind die Kosten dafür noch sehr hoch, dazu gibt es ja auch noch die gesetzliche Anforderung der Kennzeichnung von Flucht- und Rettungswegen, die erst noch geändert werden müsste. In ein paar Jahren wird sich die LED-Technik soweit entwickelt haben, dass die Kosten für den Einbau sinken werden.

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Stefan Brunner, Stv. OP-Leitung, Universitätsklinikum Erlangen

Warum das Risiko einer Brandentstehung im OP-Bereich besonders hoch ist und was bei einem Alarm-, Einsatz- und Evakuierungsplan zu beachten ist, erörtert Stefan Brunner.

 Zusätzliche Gedanken zum Statement "Brandschutz im OP"

 Nachdem es in einem chinesischen Krankenhaus vor wenigen Jahren im OP zu einem Feuer kam, ging weltweit ein Aufschrei durch die Medien als bekannt wurde, dass das Personal Patienten zurückließ. Doch wie sieht es in Deutschland aus? 

Moderne OP-Abteilungen, unabhängig von der Größe einer Klinik, sind heutzutage oft hochsensible Bereiche und gleichwohl das Herz eines Krankenhauses. Nicht selten werden die Arbeitsplätze dort deshalb gern mit einem Flugzeugcockpit oder dem Leitstand eines Kernkraftwerks verglichen: Wenn etwas schiefläuft, sind Menschen schnell in akuter Lebensgefahr. Während in Pflegebereichen von Krankenhäusern das Brandrisiko durch generelle Rauchverbote im Sinken begriffen ist, erhöht sich das Risiko einer Brandentstehung in OP-Bereichen aufgrund möglicher technischer Defekte, bedingt durch die hohe und weiter zunehmende Zahl elektrischer und elektronischer Geräte, die teilweise rund um die Uhr mindestens im Stand-by-Betrieb laufen.

 OP-Textilien, heutzutage meist Einmalprodukte auf Papier-/Kunststoffbasis, können, ebenso wie Desinfektionsmittel auf alkoholischer Basis und andere verwendete, brennbare Flüssigkeiten, den Brandfortschritt begünstigen. Die Anwesenheit reinen Sauerstoffs in Leitungen und Druckbehältern stellt ein weiteres Risiko dar. Während Patienten im allgemeinen Krankenhausbereich sich im Brandfall meist selbst in Sicherheit bringen bzw. vom Pflegepersonal im fahrbaren Bett oder Sitzwagen relativ schnell in nicht gefährdete Bereiche gebracht werden können, ist der Patient im OP allen ihn bedrohenden Gefahren hilflos ausgeliefert, da er in der Regel in Narkose liegt oder zumindest durch Medikamente in seiner Wahrnehmungs-, Reaktions- und Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist. Zusätzlich ist er in der Regel auf dem OP-Tisch mit Gurten fixiert oder gar in diversen Halterungen eingespannt, um aktive oder passive Bewegungen während des Eingriffs zu vermeiden. Insbesondere in den zunehmend entstehenden Hybrid-OPs, in denen Diagnostikverfahren wie Computertomographie, Magnetresonanz-Tomographie oder Angiographie mit invasiven Behandlungstechniken kombiniert werden, ist es ohne Hilfsmittel nur schwer möglich, einen narkotisierten Patienten schnell aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Kosteneinsparungen bei der Therapie werden hier leider nur sehr selten vorbeugend in Sicherheit investiert.

 Durch Schleusen abgetrennt, sind OPs heute eigene Sicherheitsbereiche. In einem Brandfall, egal ob im OP selbst oder in einem anderen Bereich, der die Evakuierung notwendig macht, können diese Schleusenbereiche jedoch einer schnellen Räumung im Wege stehen. Gleiches gilt für die technische Ausstattung: Fahrbare Röntgen- und Navigationsgeräte, Endoskopietürme, Mikroskope, Absauger, Elektrochirurgie-, Patientenwärme- und Narkosegeräte, oftmals mehrere hundert Kilogramm schwer, müssen um den OP-Tisch herum positioniert und mit einer Vielzahl von Kabeln und Schläuchen mit dem OP-Feld verbunden werden, dazu kommen diverse Fußschalter unterhalb des Patienten. Schnell mal mit dem Patienten den OP-Saal zu verlassen, ist vielfach kaum mehr möglich. Der aktuelle Mangel an Fachpersonal trägt ein Weiteres dazu bei, wenn Pflegekräfte beispielsweise für mehrere OP-Säle und Patienten gleichzeitig zuständig sind. OP-Flure, die als Rettungswege genutzt werden müssen, sind heutzutage in der Regel zugleich "zugeparkte" Abstellflächen für OP-Tische und Großgeräte, da die Raumprogramme für OP-Abteilungen beim Bau nur selten ausreichend Lagerräume vorsehen. Dadurch kommt es auch hier immer wieder zu organisatorisch bedingten Behinderungen bei der Evakuierung. Und wenn der Patient außerhalb des OP-Bereichs ist, stellt sich die Frage: Wohin mit ihm? I

n vielen Kliniken befinden sich die Operationsbereiche nicht auf einer Etage mit ebenerdigem Ausgang. Aufzüge dürfen nicht benutzt werden und sind durch die Brandfallsteuerung in der Regel bereits außer Betrieb, bevor Patienten aus dem OP herausgebracht werden können. Treppen sind ein unüberwindbares Hindernis, will man einen beatmeten Patienten mit nur provisorisch verschlossener OP-Wunde auf einem fahrbaren OP-Tisch in Sicherheit bringen. Außenbereich verbieten sich auch, sind doch die Patienten im Regelfall nackt oder allenfalls leicht abgedeckt und dürfen natürlich nur kurzzeitig der Witterung ausgesetzt werden. Wenn nicht vorher schon in der Evakuierungsplanung geeignete Zielorte (andere Stationen oder andere Klinikbereiche mit ausreichenden Anschlüssen der zentralen Sauerstoffversorgung) festgelegt wurden, hat man nur die Option zur Verfügung, nach einer Horizontal-Evakuierung auf der gleichen Etage in einem weniger gefährdeten Bereich darauf zu warten, dass die Feuerwehr den Patienten samt Gerätschaften auf einer Trage abholen kommt – in der Hoffnung, dass der mitgeführte Sauerstoff bis dahin reicht ...

 Auch der weitere Transport und die Versorgung Operierter stellt ein Problem dar, steht doch bei den örtlichen und regionalen Rettungsdienstorganisationen in der Regel nur eine begrenzte Kapazität an Transportkapazität für beatmete Patienten zur Verfügung, die schnell erschöpft ist, wenn beispielsweise eine OP-Einheit mit 8-10 Patienten und parallel dazu die im Normalfall daneben befindliche Intensivstation mit weiteren 10-15 Beatmungspatienten evakuiert werden müssen und die Patienten in Kliniken im weiteren Umkreis verteilt werden müssen. Dies sind nur einige Aspekte, die es bei der Alarm-, Einsatz- und Evakuierungsplanung für eine OP-Abteilung im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes einer Klinik zu berücksichtigen gilt. Hier ist bereits im Vorfeld eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und Abstimmung mit klarer Kompetenzregelung zwischen Klinik- und Verwaltungsleitung, Arbeitsschutz, technischem Dienst der Klinik, den örtlichen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS: Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienstorganisationen, THW) sowie den Leitern der einzelnen operativ tätigen Fachabteilungen notwendig, damit diese auch im Notfall funktioniert. Wirtschaftliche Gesichtspunkte müssen im Brandfall, zumindest bis die Patientenevakuierung abgeschlossen ist, auf jeden Fall hintenan stehen. Jeder operativ tätige Arzt muss sich seiner Verantwortung für Patient und Team bewusst sein, wenn er vor der Entscheidung steht, den Eingriff aus Sicherheitsgründen vorzeitig zu beenden oder aus vermeintlich wirtschaftlichen Gründen weiterzuführen. Entscheidet er sich zum OP-Abbruch, so ist dies der aktuellen Situation und ihrer momentanen Beurteilung geschuldet und darf auch im Nachhinein nicht durch Klinikleitung oder andere Instanzen angezweifelt werden. Niemandem darf ein Vorwurf gemacht werden, wenn er sich pro Sicherheit entscheidet, sonst wird er es ein zweites Mal nicht mehr tun ... 

Die wohl schlimmste Entscheidung, die in diesem Fall unter Umständen getroffen werden muss, beispielsweise wenn der OP äußerst schnell verraucht und eine schnelle Rettung nicht mehr möglich sein sollte, ist die, einen oder mehrere Patienten zurücklassen zu müssen – oder nach einer Rettung nicht in den verqualmten Brandraum zurückzukehren, um einen weiteren Patienten zu holen. Für Außenstehende wahrscheinlich schwer nachvollziehbar, für Ärzte und Pflegekräfte nur schwer mit dem Gewissen vereinbar – aber das eigene Leben geht nun einmal vor. Es erscheint sinnvoll, schon einmal vorher darüber zu diskutieren, eventuell in Verbindung mit einem Ethik-Komitee, um die Entscheidung dazu im Notfall erleichtern zu können. Hilfestellung kann auch die Feuerwehr geben, beispielsweise mit Bildern, Filmen oder Erfahrungsberichten, die zeigen, wie schnell Räume verraucht sind und eine Evakuierung von Patienten ohnehin nicht mehr möglich wäre. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dabei erstickt, der immer noch allein im OP befindliche, beatmete Patient am Narkosegerät hingegen überlebt, ist gar nicht so gering! Und auch hier muss das Personal wissen, dass die Klinikleitung in einem solchen Fall hinter ihm steht, vor allem auch hinsichtlich des Drucks seitens Angehöriger, Medien und Öffentlichkeit!

 Um in einer derartigen Situation adäquat reagieren zu können, ist es grundsätzlich notwendig, Gefahren schon zu erkennen und zu beseitigen, bevor Patienten und Mitarbeiter bedroht sind, und mit entsprechenden Handlungsweisen für den Notfall vertraut zu sein, wie z.B.:

  •  Gerätebedienung nur nach dokumentierter Einweisung gemäß Medizinproduktegesetz (MPG)
  • Sofortige Außerbetriebnahme defekter elektrischer Geräte, Betriebsmittel und Kabel
  • Alle nicht benötigten Geräte, PCs usw. herunterfahren, Standby möglichst vermeiden
  • Ladegeräte nicht unnötig in der Steckdose belassen
  • Kaffeemaschine, Mikrowelle & Co. nur beaufsichtigt betreiben
  • Keine Verwendung von Verlängerungskabeln
  • Sachgerechte Lagerung feuergefährlicher Stoffe
  • Sachgerechte Entsorgung brennbaren Abfalls und OP-Textilien
  • Ständiges Freihalten von Fluchtwegen und Rettungswegen im OP-Bereich, wenn möglich, auch im OP-Saal im direkten Umfeld des Patienten
  • Absprachen und Regelungen zwischen OP- und Anästhesie-Team, welche Geräte im Notfall für die Evakuierung des Patienten wichtig sind
  • Wissen um die Fluchtwege und vorbestimmten Zielorte mit Sauerstoffanschluss für beatmete Patienten innerhalb der Klinik
  • Kenntnis der vorhandenen Alarmierungswege im Brandfall
  • Kenntnis der vorhandenen Feuerlöschmittel
  • Regelmäßige Teilnahme an Brandschutzbelehrungen und Feuerlöschtrainings
  • ...

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Prof. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch, emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für Baustofftechnologie an der Universität Wuppertal 

Wird in Gebäuden brandschutztechnisch „aufgerüstet“, wird häufig an der Projektüberwachung gespart. Eine Qualitätssicherung während des gesamten Bauprozesses kann böse Überraschungen vermeiden, so Prof. Dr.-Ing Wolfram Klingsch.

 Häufig wird an der Projektüberwachung gespart. Wenn während des gesamten Bauprozesses eine Qualitätssicherung durchgeführt wird, bleibt die böse Überraschung am Ende aus. Oft ist der Brandschutzplaner aber nur mit der Erstellung des Brandschutzkonzeptes für die Baugenehmigung beauftragt und mit der Erstellung der abschließenden Konformitätserklärung. Nur das ist gesetzlich vorgeschrieben. Eigentlich müsste aber Schritt für Schritt kontrolliert werden, ob die Vorgaben auch so wie geplant eingebaut werden. Die brandschutztechnische Fachbauleitung im Sinne einer Qualitätssicherung ist aber teuer. Deswegen wird häufig darauf verzichtet.

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